Heike Ullrich über Leadership-Netzwerktreffen: „Unglaublich wertvoll"

Die Führungs-Akademie begleitet seit 2016 die Durchführung von Leadership-Programmen für Frauen im Fußball und unterstützte im Oktober beim zweiten Leadership-Netzwerktreffen in Frankfurt.

Ein neuer Liga-Ausschuss, ein neuer Partner, der die FLYERALARM Frauen-Bundesliga voranbringt und ein zweites Leadership-Netzwerktreffen. Im Frauenfußball tut sich einiges. Mittendrin: DFB-Direktorin Heike Ullrich, die im DFB.de-Interview mit Redakteur David Horward vom Austausch der Programm-Teilnehmerinnen schwärmt und verrät, wie wichtig die Unterstützung von Präsident Fritz Keller für Frauen in Führungspositionen ist.

DFB.de: Leadership-Netzwerktreffen - was kann man sich darunter vorstellen, Heike Ullrich?

H. Ullrich: In den zwei Tagen geht es nicht um das Meckern an den bestehenden Strukturen. Ganz im Gegenteil: Das Netzwerktreffen hat sich mit den Fragen beschäftigt, wie wir Frauen uns aktiv einbringen und Verantwortung übernehmen können. Und auch mit ganz konkreten Themen, zum Beispiel wie Frauen in Führungspositionen produktiv mit Widerständen umgehen können. Der Auftakt für unser Leadership-Netzwerktreffen war ein Kamingespräch, zu dem wir alle Teilnehmerinnen eingeladen haben, die am DFB-Leadership-Programm oder an einem der Programme der Landesverbände teilgenommen haben. Zusätzlich haben wir einige junge Ehrenamtliche einbezogen.

DFB.de: Ein offener Austausch also mit vielen Teilnehmerinnen, die ein gemeinsames Ziel verbindet.

H. Ullrich: Genau. Es wurde viel miteinander gesprochen. Für uns ist das sehr spannend, weil wir in den Gesprächen einen Spiegel vorgehalten bekommen und sehen, was die aktuellen Herausforderungen für Führungskräfte – auch im ehrenamtlichen Bereich – sind. So einen kommunikativen Umgang wünschen wir uns für ein solches Netzwerktreffen, das dem Austausch von Erfahrungen und Hilfestellungen zu ganz konkreten Herausforderungen dient. Es war toll zu sehen, wie sich die Teilnehmerinnen vom DFB-Leadership-Programm vor drei Jahren bis heute weiterentwickelt haben.

DFB.de: Gab es seitens der Teilnehmerinnen Rückmeldungen, ob sie die Inhalte, die sie im Leadership-Programm gelernt haben, im Berufsalltag umsetzen können?

H. Ullrich: Ja, die gab es. Gerade bei größeren Baustellen geht es häufig darum, mal einen Rat von Frauen einzuholen, die schon länger im Thema sind. Also ein direkter Erfahrungsaustausch. Das 'Netzwerkeln' zwischen den Teilnehmerinnen ist ein Bestandteil des Programms und unglaublich wertvoll. Auf der anderen Seite erlernen die Frauen verschiedene Methodiken, die sie im Berufsalltag anwenden können. Wir versuchen natürlich, die Bedürfnisse nach den Teilnehmerinnen auszurichten.
 
DFB.de: Sie sind DFB-Direktorin für Vereine, Verbände und Ligen. Hätten Sie sich ein solches Leadership-Programm auf dem Weg zu Ihrer aktuellen Funktion gewünscht?

H. Ullrich: Ja, ganz klar. Ich hätte gerne an solchen Programmen teilgenommen, es gab sie damals schlichtweg nicht. Auch als junge Mitarbeiterin beim DFB, die sich damals vieles durch "Learning by doing" aneignen musste, habe ich mir in manchen Momenten eine klarere methodische Begleitung meines Werdegangs gewünscht. Insofern bin ich heute sehr froh darüber, dass der DFB individuelle Förderung von jungen Mitarbeiterinnen anbietet. Das heißt, dass wir über unsere Systematik der klar strukturierten Mitarbeitergespräche auch Rückmeldungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekommen und verstehen, an welcher Stelle ihnen der Schuh drückt und wohin sie sich entwickeln möchten.

DFB.de: Teilen Sie Ihre erworbenen Erfahrungen aus dem DFB?

H. Ullrich: Vor rund zehn Jahren konnte ich beim adh (Allgemeiner deutscher Hochschulsportverband) als Mentorin an einem Programm teilnehmen und meine Erfahrungen weitergeben, das war eine sehr interessante Zeit. Mittlerweile bin ich auch in Programmen der FIFA und UEFA als Mentorin vertreten. Ich stelle immer wieder fest, wie viel mir selbst als Ratgeberin solche Programmteilnahmen bringen, weil ich immer wieder neue Aspekte kennenlerne. Egal, in welcher Entwicklungsstufe man sich selber befindet: Solche Programme sind absolut hilfreich und wichtig!

DFB.de: Sind Sie weiterhin als Mentorin aktiv?

H. Ullrich: Derzeit bin ich Mentorin von Junko Imai (Direktorin für den Frauen- und Mädchenfußball) vom Japanischen Fußballverband. Die Zusammenarbeit mit ihr macht viel Spaß, weil wir eine gute Mischung aus Beratung zum Thema "Female Leadership" vor dem kulturellen Unterschied zwischen Japan und Deutschland haben. Durch die unterschiedlichen Kulturen nehme ich vieles von ihr mit, das mich in meiner Arbeit mit den Gremien voranbringt: Dinge hinterfragen und andere Perspektiven einnehmen. Inhaltlich haben wir viele gemeinsame Themen und über Skype tauschen wir uns aus. In Japan wird aktuell beispielsweise diskutiert, wie man auch bei den männlichen Lizenzvereinen das Thema Frauenfußball integriert. Das ist eine ähnliche Diskussion, wie wir sie ja derzeit auch in Deutschland führen. Solche Auseinandersetzungen sind unglaublich spannend und bereichernd. Junko hat uns schon in Frankfurt besucht, als nächstes steht der Gegenbesuch in Japan auf dem Programm. Wir haben zum Beispiel vereinbart, uns an einem Tag mit den hauptamtlich beschäftigten Frauen des Japanischen Fußballverbands zusammen zu setzen und uns über weibliche Führungsstrukturen, -kräfte und -methodiken auszutauschen.

DFB.de: DFB-Präsident Fritz Keller hat mehrfach betont, dass er es als eine seiner Aufgaben sieht, Frauen in Führungspositionen zu bringen. Gibt so eine Aussage dem Leadership-Programm Aufwind?

H. Ullrich: Absolut. Das DFB-Präsidium hat am Wochenende parallel zum Leadership-Netzwerktreffen getagt. Fritz Keller hat spontan die Begrüßung übernommen und die Teilnehmerinnen willkommen geheißen. Ich habe aber auch gemerkt, dass sich Personen aus dem DFB-Präsidium mit den Ehrenamtlichen ausgetauscht haben. So eine Offenheit und Aufgeschlossenheit der Präsidiumsmitglieder gegenüber weiblichen Nachwuchskräften hilft uns natürlich ungemein.

DFB.de: Gab es eine Initialzündung für das Leadership-Programm?

H. Ullrich: Vor rund fünf Jahren haben wir uns mit Hannelore Ratzeburg, Margit Stoppa, ehrenamtlichen Verantwortlichen aus dem Bereich Frauen- und Mädchenfußball und mit der Abteilung Gesellschaftliche Verantwortung zusammengesetzt und überlegt, wie wir mehr Frauen auf DFB- und Verbandsebene in Führungspositionen bringen können. Die aktuell durchaus ausbaufähigen Anteile von weiblichen Führungskräften im Ehren- wie im Hauptamt sind zum Teil den Strukturen geschuldet, zum Teil sind Informationen aber auch einfach nicht bei den Personen angekommen, für die sie zutreffend waren. Das mussten wir ändern. Wir haben uns in einem ersten Schritt angeschaut, welche positiv wirkenden Programme es schon gibt, beispielsweise die Programme vom adh, DOSB, UEFA und FIFA. Hier haben wir uns wesentliche Punkte, die für unser Leadership-Programm essentiell waren, herausgepickt und mit eigenen Ideen angereichert. Daraus haben wir zusammen mit der Führungs-Akademie des DOSB ein Programm gestrickt.

DFB.de: Wie sehen Sie die Entwicklung?

H. Ullrich: Wir merken heute immer mehr: Es hat etwas bewirkt. Die Frauen, die vor drei Jahren an unserem Leadership-Programm teilgenommen haben, sind immer noch aktiv im Netzwerk unterwegs und helfen sich gegenseitig. Sie alle haben sich persönlich unheimlich weiterentwickelt. Fast die Hälfte der Frauen aus dem ursprünglichen Programm haben nicht nur eine persönliche Entwicklung vollzogen, sondern auch ganz konkret verantwortungsvolle Funktionen oder weiterführende Rollen im ehrenamtlichen Netzwerk eingenommen.
[dh]


Quelle: DFB

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Heike Ullrich (© DFB/getty Images)